Botschafter*innen

Welche weiteren Fans der St.Galler Treppen möchten sich zu unseren unten porträtierten Botschafterinnen und Botschaftern gesellen?

Botschafterin Jelena Gernert, Videojournalistin und Kamerafrau

«Die Treppen bestimmen meine Wege, seitdem ich in St.Gallen lebe. Zuerst waren der Speicherweg und die Gesstreppe mein Weg ins Grüne und zur schönen Aussicht. Heute gehört ein Stück der Berneggtreppe zu meinem täglichen Arbeitsweg. …

In St.Gallen habe ich gelernt, dass Velofahren, wie ich es in anderen Städten meistens gemacht hatte, oft Umwege bedeutet. Denn der direkte Weg geht über die Treppe. Und ich habe den Charme der Treppen in den verschiedenen Jahreszeiten lieben gelernt: umrahmt von blühenden Büschen im Frühling, als schattige Plätze im Sommer, mit raschelnden oder schlüpfrigen Blättern überdeckt im Herbst und vom Schnee zugedeckt im Winter. Die verwunschene Wintertreppe, die unter dem Schnee kaum mehr sichtbar ist, gefällt mir am besten. Dann stelle ich mir immer vor, wie es jetzt wäre, die vom Schnee geebnete Treppe mit den Skiern hinunterzufahren.»

Botschafter Walter Gschwend, Pensionär

«Mit dem Schulübertritt in die Oberstufe und dem Schulweg von St.Georgen in die Stadt St.Gallen beginnt mein grösserer aktiver Einstieg in die Treppenlandschaft. Die Mühlentreppe als eine der etwa 140 öffentlichen Treppen der Stadt ist nämlich die direkteste Fusswegverbindung vom Elternhaus zum Schulzimmer. …

Das Treppensteigen hatte den angenehmen Nebeneffekt, auf dem in der Schule und im Handballtraining oft verwendeten Sportgerät zusätzlich Kondition zu büffeln. Die Belohnung war ein gelegentliches Sackgeld, das wir Kinder von unseren Eltern anstelle des Mühleggbähnli-Fahrens bekamen.
Mit dem Beginn der Lehrzeit gesellte sich das Dohlengässlein zusätzlich zu meinem Treppenperimeter. In der Bauzeichnerlehre erhielten wir unter anderem erste Einblicke in die Konstruktion und den Bau von Treppen, was im anschliessenden Bauingenieurstudium noch vertieft wurde. Das technische Interesse an Treppen im Allgemeinen und den St.Galler Treppen im Speziellen hielt sich trotzdem für längere Zeit eher in Grenzen und der Hauptzweck war weiterhin die direkteste Verbindung von A nach B.
Der Schnitt erfolgte im Jahr 2020. Zu Beginn der Pandemie kaufte ich mir das wunderbar aufbereitete und illustrierte Buch «TreppenLandschaft St.Gallen» von Edgar Heilig und tauchte damit in die zahlreichen öffentlichen Treppen auf dem Boden der Stadt St.Gallen ein. Dies war die Motivation für mein «Corona-Projekt», alle in Worten und Plänen fein dokumentierten öffentlichen Treppen in der Stadt zu begehen und deren jeweilige Geschichte sowie technische Konstruktion zu verstehen. Dank dem Buch ist dies auf eine grossartige Art und Weise gelungen, seither begehe ich die Treppenverbindungen jedenfalls wesentlich bewusster.
Unser aktuelles Projekt beschäftigt sich damit, wie Treppen mit Grosskind und Kinderwagen auch umgangen werden können – in den Hügeln von St.Gallen nicht immer ganz einfach …»

Botschafterin Sabeth Holland, Künstlerin

«Ich wohne und arbeite im «Blauen Himmel» an der Fellenbergstrasse. Das Gebäude ist in den Hang terrassiert und ist ein richtiges Treppenparadies mit unzähligen Varianten. Ich selber bewege mich täglich auf mehr als 203 Treppenstufen. …

Allein vom Briefkasten zu meinem Dachgärtli sind es 118 Tritte. Einmal vom Atelier an den Computer und zurück bedeutet, 116 Stufen zu bewältigen. Und von meiner Haustüre über die Aussentreppe zur Strasse hinunter sind es 53 Betontritte. Ich bin ganz schön fit und freue mich jeden Tag aufs Neue, dass ich dieses Auf und Ab frei, spielerisch und variantenreich bewältigen kann. Es gab eine andere Zeit, wo ich die Treppen im Haus auf dem Hintern zu überwinden hatte und ohne funktionierenden Lift wie Rapunzel im Wohnturm gefangen war. So eingeschränkt geht einem viel durch den Kopf. Heute ist für mich das Treppensteigen eine Art von Fliegen und eine Inspiration.»

Botschafter Peter Jans, Stadtrat

«St.Gallen ohne Treppen? Unvorstellbar. Treppen erleichtern uns das Leben – beim Aufwärtsgehen sogar buchstäblich, wenn die Treppe nur lang genug ist und wir etwas «Guzzi» geben. …

Vor allem aber verbinden sie, und das auf kürzestem Wege. Dank unseren Treppen können wir vieles (oder fast alles) zu Fuss erreichen: den Arbeitsplatz, die Schulen, das Naherholungsgebiet, die Läden. Die Stadt der kurzen Wege ist real – nutzen wir sie!»

Botschafter Albert Nufer, Stadtoriginal

«Das Reinigen der Treppen zu den Drei Weieren gehörte von Frühling bis Herbst zu meiner Arbeit als Angestellter der Stadt – früher mit dem Besen, dann mit dem Laubbläser. Im Winter war diese Arbeit manchmal brutal hart – bei Sturmwind und Schneesturm, 10 bis 20 Grad unter Null. …

Als Pensionär steige ich diese Treppen nun zum Schwimmen hoch, bei Regenwetter nutze ich sie als Fitnesstraining. Die Treppen zum Kinderfestplatz benütze ich im Winter, die Langlaufski geschultert oder um dann oben an der Sonne zu sitzen.»

Botschafter Markus Piasente, Elektriker

«Ich wurde in St.Gallen geboren und wuchs im Riethüsli-Quartier auf. Auf meinem Schulweg gab es auch eine Treppe, nämlich den Gerhardtweg. Dass da aber noch mehr Treppen in St.Gallen waren, wusste ich damals nicht. …

Seit ich wieder in St.Gallen wohne und arbeite, kann ich meinen Arbeitsweg und das Training problemlos miteinander verbinden. Ich laufe (fast) täglich nach der Arbeit durch die Stadt nach Hause. Dadurch kam ich immer wieder mit verschiedenen Treppen in Berührung. Spätestens seit den Vorbereitungen für meinen St.Galler Treppenlauf sind sie ein fester Bestandteil meines Lauftrainings geworden. Ich laufe bei jeder Witterung auf den Treppen. Es gibt Tage, da laufe ich nur eine einzige Treppe. Das kommt aber eher selten vor. Meistens sind es mehr als zehn Stück. Das Abwärtslaufen bereitete mir am Anfang sehr viel Mühe, doch nach vielen Tausend Stufen geht auch das sehr gut. Anfangs war der Fluhweg meine Lieblingstreppe, jetzt habe ich jedoch keinen Favoriten mehr. Mir gefallen sie alle.»

Botschafter Marcus Schäfer, Schauspieler

«Sommers wie winters sind die Stäge mir eine liebgewonnene Verbindung zwischen Alltag und Erholung, Arbeit und Freizeit, Enge der Stadt und freiem Ausblick über Hügel und Bodensee. …

Ich schätze die Herausforderung, möglichst flott hinaufzukommen, und geniesse besonders das leichtfüssige Hinuntertraben nach einem schönen Spaziergang, einem schweisstreibenden Lauf oder einem erfrischenden Bad in den Weieren. Das alles direkt vor der Haustür zu haben, ist für mich ein richtiger Glücksfall.»

Botschafter Karl Schimke, Musiker

«Von 1998 bis 2012 wohnte ich mit meiner Familie an der Tigerbergstrasse. Während diesen 14 Jahren war das Dohlengässlein im Abschnitt Tigerbergstrasse/Müller-Friedberg-Strasse meine Haustreppe. …

Unzählige Male bin ich rauf- und runtergelaufen und mir gefiel diese abwechslungsreiche Strecke immer. Von den steilen Steintreppen oben an der Tigerbergstrasse über die geschwungene S-Kurve mit den lang gezogenen Stufen, am flachen Abschnitt der Eschenstrasse vorbei und dann die Holztreppe runter bis zum Zebrastreifen an der Müller-Friedberg-Strasse: Das Dohlengässlein hat alles!
Meine Wahrnehmung der Treppe hat sich über die Zeit auch komplett verändert, meine erste Besteigung war zusammen mit meiner damaligen Freundin und jetzigen Frau Katrin. Mit den Jahren kamen die beiden Töchter dazu und sie haben uns gezwungen, die Treppe im Schneckentempo zu erkunden. Da habe ich erst die Regenrillen wahrgenommen, welche die Treppe beidseitig begleiten. Ich habe mit den Kindern den abenteuerlichen Weg jenseits des Handlaufs entdeckt. Wir haben den lauschigen, schattigen Abschnitt um die S-Kurve im Sommer genossen und eine Pause beim Bänkli eingelegt. Und ich habe gefühlte Stunden damit verbracht, die Kinder für die letzten paar Stufen bis zur Tigerbergstrasse hinauf zu motivieren.
Als Gegenpol zu dieser Langsamkeit dienten meine Wege zur Arbeit. Da bin ich oft ein paar Minuten zu spät aus dem Haus gegangen und wusste, es kommt auf jede Minute an. Das Dohlengässlein ist dann zu einer spannenden Rennstrecke geworden: im oberen Teil zwei oder drei Stufen auf einmal nehmend, um dann die lang gezogene Treppe in einem galoppartigen Rhythmus hinunterzustürzen …»

Botschafter Nicolas Senn, Hackbrettler und Moderator

«Dass St.Gallen eine «Stägestadt» ist, wurde mir erst am Infotag an der Universität St.Gallen bewusst. Zusammen mit einigen Kanti-Kollegen besuchte ich die Uni zum ersten Mal. …

Um dorthin zu gelangen, wählten wir spontan die Schlösslitreppe, um an deren Ende zu merken, dass der HSG-Campus einige Hundert Meter weiter nordöstlich liegt. Trotzdem bin ich diesen Weg auch in den folgenden Jahren meines Wirtschaftsstudiums immer mal wieder gegangen. Die spezielle, lauschige Stimmung auf dem Weg zur Uni und die morgendliche Bewegung weckten meinen Körper und meine Kreativität. So entstand auf der Schlösslitreppe auch die Grundmelodie meines Stücks «Morgestimmig 456». Die Zahl kommt daher, dass ich auf dem Weg zwischen Bahnhof und Uni jeweils 456 Treppenstufen zurücklegte.»

Botschafter Marijan Stanisic (1927-2020)

«Als 1968 an meinem Arbeitsplatz an den Uni-Kliniken in Hamburg bekannt wurde, dass ich demnächst meine Stelle am Kantonsspital in St.Gallen antreten würde, überschlugen sich meine Mitarbeiter mit interessanten Berichten über diese ferne Stadt. Jemand berichtete, St.Gallen sei die Stadt der Brücken, ein anderer sprach von Kulturstadt. …

Ein in Konstanz aufgewachsener Mitarbeiter erzählte, St.Gallen sei die Stadt der Treppen – für mich in der flachen Hamburger Landschaft schwer vorstellbar.
In St.Gallen angekommen, fand ich tatsächlich viele schöne, gepflegte Treppen vor. Von Anfang an wurden die Treppen Teil meines Arbeitsweges, die erste Zeit benutzte ich die Gesstreppe. Die spätere Entdeckung des Brauersteigs, eine Oase der Ruhe in der schönen Natur, war ein Glücksfall.
Seit 1978 wohne ich an der Tutilostrasse am Kammelenberg. 14 Jahre lang, bis zu meiner Pensionierung, blieb der Brauersteig mein einsamer Arbeitsweg bei Sonne, Regen, Wind und Schneesturm. Das Treppenlaufen am frühen Morgen gab mir Ruhe für den Tag. Die Dynamik der Natur während der verschiedenen Jahreszeiten hat mich immer von Neuem fasziniert, genau wie der überwältigende Blick auf die erwachende Stadt und den Rosenberg.
Als Pathologe hatte ich eine sitzende Arbeit am Mikroskop. Das Treppensteigen am Abend war eine erfrischende, erholsame Fitnessübung mit positivem Nebeneffekt. Meine berufliche Aufgabe war die mikroskopische Untersuchung von kleinen Gewebeproben und von Geweben. Die meisten der täglich 50 bis 60 untersuchten Proben waren klar. Gelegentlich gab es eine oder zwei Proben, deren Beurteilung auf den ersten Blick unklar war. Diese Fälle habe ich liegen gelassen. Am nächsten Morgen, bei erneutem Blick ins Mikroskop, waren die Diagnosen klar. Das Gehirn hatte sich beim Treppensteigen erholt und dann während der Nacht weitergearbeitet.»

Botschafter Roland Stieger, typografischer Gestalter

«Jede Treppe ist ein Angebot. Schritt um Schritt, Tritt um Tritt, im Rhythmus des Atems steige ich hoch. Gedanken lösen sich aus Schlaufen und Windungen. …

Das Emporsteigen mag ich mehr als das Hinuntersteigen, das hängt vielleicht mit meinem Namen zusammen. Abwärts renne ich meist zu einem Termin oder auf den Zug und komme ausser Atem. Hinauf gehe ich langsam, ich habe Zeit zum Nachdenken, ich geniesse die Zeit nur für mich, empfinde dies als eine Art Meditation. Belohnt werde ich mit einem schönen Blick über die Stadt und darüber hinaus, über den Rosenberg, dahinter die silberne Linie des Bodensees, über die Grenzen.»

Botschafter Alex Truniger, Rentner

«Nach meiner Pensionierung im Jahr 2007 wollte ich St.Gallen noch besser kennenlernen. In unzähligen wunderschönen Wanderungen erkundete ich die herrliche Natur und viele spannende Wege. …

Auf Quartierswanderungen traf ich auch immer wieder unbekannte Treppen an. Dies weckte in mir den Plan, alle offiziellen Treppen der Stadt zu besteigen. Dabei stiess ich auf das Projekt «Stägestadt», dank dem ich dann die nötigen Informationen und das Treppenverzeichnis hatte. In mehreren Nachmittagswanderungen erklomm ich sämtliche aufgelisteten Treppen mit insgesamt rund 13’000 Stufen und legte dabei rund 90 Kilometer zurück. Ich entdeckte die verschiedenen Quartiere mit ihrem eigenen Charakter und den zahlreichen mir unbekannten Treppen. Es war sehr spannend und teilweise auch anspruchsvoll, die Wanderrouten so zu gestalten, dass ich möglichst viele Treppen auf der gleichen Tagestour integrieren konnte. Die Anzahl und Vielfalt der Treppen haben mich sehr beeindruckt und ich bin nun froh und glücklich, alle rund 140 Treppen unserer Stägestadt kennengelernt und bestiegen zu haben.»

Botschafter Paul Wirth, Rentner

«Am Fusse der «Vogeltreppen» (Amsel-, Drossel-, Finken- und Starweg) an der Oberstrasse aufgewachsen und als Hundehalter angehalten, dem Tier genügend Auslauf zu bieten, sind die Treppen für mich schon lange ein herrliches Tummelfeld für Mensch und Tier. Die im Alter von 48 Jahren erhaltene Diagnose «Parkinson» veränderte mein Leben schlagartig. …

Meine sportlichen Betätigungen (z.B. Velofahren, Wandern, Schwimmen) waren plötzlich nur noch bedingt möglich. Ich versuchte, meine Fitness mit einer Stunde täglichem Gehen wiederzuerlangen. Im flachen Gossau war der Trainingseffekt allerdings nur gering. So kam mir die Idee, die St.Galler Treppen zu «stampfen», also diese topografischen Sportgeräte zu nutzen. Ich möchte nun innerhalb eines Jahres alle öffentlichen St.Galler Treppen absolvieren. Positiver Nebeneffekt: Man lernt auch die Stadt besser kennen.»